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Auf einer langen Autofahrt habe ich einen Podcast gehört, in dem Benjamin Hardy zu Gast war. Der Organisationspsychologe ist einer der meistgelesenen Autoren auf der

Besser schreiben lernen mit unseren 10 Tipps

Besser schreiben als Redakteur oder Texter (Foto: Anton / Adobe Stock)

Blogging-Plattform Medium.com. Seine Beiträge wurden insgesamt mehr als 100 Millionen Mal gelesen, manche einzelnen Artikel hatten bis zu 2 Millionen Leser. Können wir besser schreiben, wenn wir seinen Stil analysieren und adaptieren? Das wollte ich herausfinden, und habe seine Beiträge genau angeschaut.

Besser schreiben: 10 Tipps für mehr Leser

Ich habe 10 Gemeinsamkeiten gefunden: Merkmale, die in allen Beiträgen mit leichten Abwandlungen vorhanden waren.

1. Selbstbewusste Headlines

Viele seiner Headlines würden wir als Clickbait bezeichnen, hier ein paar Beispiele:

  • This Morning Routine will Save You 20+ Hours Per Week
  • 50 Ways To Live On Your Own Terms
  • 6 Things You Must Organize To Be Healthy, Wealthy, And Happy
  • 30 Behaviors That Will Make You Unstoppable In 2019

Aber (und es ist ein großes ABER): Sie sind kein Clickbait, denn der Beitrag verrät genau das, was im Titel versprochen wurde.

Folgende Elemente konnte ich in den meisten Headlines feststellen:

  • Zahlen
  • Diese, dieser
  • Keine Modalverben
  • Versprechen enthalten
  • Sehr selbstbewusste Formulierung
  • Headline spiegelt konkret die Hauptaussage des Beitrags

2. Struktur

Die meisten Beiträge sind als Listing aufgebaut. In vielen Fällen strukturieren die Zwischenüberschriften den Text in 3-4 inhaltliche Abschnitte. Es gibt oft ein Fazit oder eine Zusammenfassung.

Die Struktur scheint mir sehr überlegt und strategisch zu sein, sie ist nicht zufällig entstanden. Damit wir genauso strategisch schreiben, sollten wir uns im Vorhinein folgende Fragen stellen:

  • Was sind die 3-4 Dinge, die ich in meinem Text unbedingt „sagen“ möchte?
  • Wenn der Leser eine Idee aus meinem Artikel mitnehmen soll, welche ist das?
Die wichtigsten Gedanken können wir vor dem Schreiben im Dokument festhalten und anhand unserer Notizen eine sinnvolle Struktur aufbauen, an der wir uns dann entlanghangeln. Ein solcher „Fahrplan“ erleichtert später ungemein das Schreiben, weil wir schon genau wissen, was wir schreiben wollen.

3. Studien

Benjamin Hardy hat einen Doktortitel in Psychologie und kennt sich mit korrekter Quellenrecherche und Zitation aus, das merkt man den Beiträgen an. (Ich finde, das wiegt die etwas plumpen Clickbait-Überschriften auf.)

Er verlinkt die Quelle übrigens nicht nur, sondern zitiert manchmal direkt im Fließtext (in kursiver Schrift). Das hat den Vorteil, dass der Leser nicht abspringen muss, um die Aussage zu verifizieren, sondern im Artikel bleibt.

Studien, Erhebungen und Statistiken, die unsere Aussagen untermauern, sind unbedingt notwendig, um Vertrauen beim Leser zu erzeugen.

Ich persönlich liebe es, sofort in der Einleitung einen „Beweis“ zu erbringen und direkt mit einer Studie einzusteigen, wenn sie für das Thema bzw. meine Hauptaussage relevant ist.

4. Zitate

Nicht nur wissenschaftliche Erkenntnisse, sondern auch Zitate bekannter Persönlichkeiten sind in den Texten enthalten.

Das Zitat kommt oft direkt nach einer Zwischenüberschrift und ist als Eyecatcher hervorgehoben. Es untermauert die Aussage der Überschrift in einer inspirativen Art und Weise.

Hier ein Beispiel:

The Problem With “Habit Formation” As A Goal

“A good shock often helps the brain that has been atrophied by habit.” — Napoleon Hill

5. Einfacher Stil

„Schreiben, wie du sprichst“ – das ist hier die Prämisse. Ich könnte mit nur wenig Aufwand aus jedem von Hardys Texten ein Video- oder Audio-Skript machen.

Es überwiegen kurze Sätze. Subjekt, Prädikat, Objekt.

Ist das zu simpel?

Ich denke nicht. Es ist einfach formuliert. Dadurch spare ich Zeit beim Lesen. Das Gesagte ist aber in keinster Weise simpel. Komplexes einfach ausdrücken: Wenn wir besser schreiben wollen, ist das eine Kunst, die wir meistern sollten.

6. Storytelling

Zusammenhänge anschaulich beschreiben – das gelingt mit Storytelling und vielen Beispielen.

Hardy erzählt Geschichten über zitierte Studien, bekannte Persönlichkeiten und Ereignisse, zeigt Analogien und berichtet auch aus seinem Privatleben. Die harten Fakten und die Storys fließen einander.

7. Fragen

Sie kommen in jedem Artikel vor: An relevanten Stellen, manchmal alleinstehend als rhetorische Frage, manchmal mehrere hintereinander, z. B.:

  • Isn’t this absurd?
  • Why would this be?
  • How are you piloting your life?

Ganz simple Fragen, die jedoch zum Nachdenken anregen und den inneren Dialog fördern.

8. Guter Lesefluss

Die Beiträge erschlagen einen nicht, obwohl sie zum Teil eine Lesedauer von 25 Minuten haben. Das liegt vor allem am einfachen Sprachstil und an den vielen Auflockerungselementen:

  • Viele Zwischenüberschriften
  • Kurze Absätze (teilweise nur 1-2 Sätze)
  • Viele weiße Flächen
  • Hervorhebungen (kursiv, fett)
  • Stickpunkte
  • Bilder zur weiteren Auflockerung des Leseflusses

9. Persuasion

Nach dem Durchlesen des Beitrags möchte ich etwas anders machen als vorher. Ich denke anders, ich möchte anders handeln, ich habe einen neuen inneren Impuls (in Bezug auf das Thema).

Ich würde Hardys Schreibe daher als persuasiv oder transformativ definieren. Der persuasive Ansatz passt natürlich nicht immer.

Oder doch?

Ist es nicht so, dass nach jeder Lektüre etwas anders sein sollte als vorher? Ist es nicht das, was auch ein gutes Buch ausmacht?

10. Tiefgang

Trotz der reißerischen Überschriften kratzt Hardy nicht an der Oberfläche. Seine Artikel haben Tiefgang, die Aussagen sind meistens wissenschaftlich belegt.

Dazu muss man sagen, dass er als Fachautor im Bereich Psychologie bereits über tiefgreifendes Wissen in seinen Kernthemen verfügt. Das können wir als Redakteurinnen und Redakteure nicht immer leisten.

Außerdem schreibe ich seine hohen Leserzahlen auch seinen Themen zu. Benjamin Hardy schreibt über das Leben. Wir alle sind die Zielgruppe.

Können wir also seine Strategien in unserer täglichen Textarbeit anwenden? Wenn es um Trockensanierung, Ganzjahresreifen oder Pharmazeutika geht?

Ich denke, ja.

So wendest du Hardys Strategien an

  1. Öffne die letzten drei Texte, die du geschrieben hast, unabhängig von der Textsorte, vom Thema und vom Auftraggeber.
  2. Schau dir die 9 Strategien noch einmal an und gehe deine Texte durch.
  3. Stell dir folgende Fragen:
  • Hast du einige der Strategien bereits angewendet (weil du krass bist!)?
  • Würde es dem Text gut tun, an einigen Stellen noch einmal mit der einen oder anderen Strategie nachzubessern?
  1. Wenn die Antwort auf die letzte Frage „Ja“ lautet, dann probiere bei deinem nächsten Text einfach die Strategien aus, die dir passend zu Thema, Textsorte und Zielgruppe erscheinen.

Fazit

„Die Wiederholung ist die Mutter des Könnens“ — bulgarische Version von „Übung macht den Meister“

Du kannst immer etwas dazulernen, um noch besser zu schreiben. Und: Arbeit an deiner Schreibe ist Arbeit an deinem Business.

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