Vor fast einem Jahr – im Januar 2014 – postete Mark Schaefer einen Blog-Artikel, der vielleicht wie kaum ein anderer in diesem Jahr die Diskussion um das Thema Content-Marketing beeinflusste. Die Rezeption war riesig, mehrere hundert Blogs und Webseiten nahmen das Thema auf und eine lebhafte Debatte entstand. Was hatte Schaefer so revolutionäres geschrieben?
Content-Schock: Nichts wird so heiß gegessen, wie es gekocht wird.
Mark Schaefer kreierte die Wendung Content-Schock. Der Content-Schock beschreibt, dass derzeit so viel Content produziert wird, dass diese Inhalte in ihrer Gesamtheit irgendwann nicht mehr gelesen werden können. Die Content-Produktion wäre unwirtschaftlich und der Content-Schock würde das Internet nachhaltig treffen. Im Nachgang des Blog-Artikels folgten zahlreiche weitere Ausführungen von Schaefer, weshalb ich mich hier auf seinen ersten Post beschränken möchte.
Eines seiner Hauptargumente ist folgendes:
„If I was “paying” my readers $500 a week in 2009, I am probably paying them $1,500 per week now because of the pressure to create more and better content that will keep their attention. Next year, it might be $3,000 per week — just to MAINTAIN my readership in the face of the Content Shock. At some point, the amount I am “paying out” will exceed the amount I am bringing in and at that point, creating content will not be a smart business decision for me and many other businesses.“
Mark Schaefer
Ich persönlich finde diese Rechnung zu eindimensional. Wenn ich beispielsweise als Unternehmen / Person XY wöchentlich 2500 € in die Content-Produktion stecke, aber nur 1000 € durch Conversions auf der Haben-Seite verbuchen kann, dann ist das unwirtschaftlich. Und dann werde ich möglicherweise die Content-Form ändern oder die Content-Produktion einstellen. Meiner Meinung nach ist dies doch eigentlich genau das, das Content-Marketing ohnehin immer berücksichtigen sollte: auf Grundlage einer Strategie Inhalte erstellen und verbreiten, die mittels klarer Parameter auf den ROI oder andere Kennzahlen hin überprüft werden können. Natürlich muss man den Erfolg verschiedener Maßnahmen also auswerten, und nicht jede Maßnahme wird voraussichtlich die Kasse klingeln lassen. Genau aus diesen Erfahrungswerten kann aber eine nachhaltige und gewinnbringende Content-Strategie entstehen.
Ich würde Schaefers Annahme, dass irgendwann mehr Content existiert, als aufgenommen werden kann, durchaus zustimmen – rein mathematisch. Aber meiner Meinung nach kann ich mir nicht vorstellen, dass ein Content-Schock die Folge wäre. Und zwar aus einem einfachen Grund:
Der gesamte Inhalt des Internets lässt sich nicht in eine Schublade packen. Marketing per definitionem ist stets im Wandel begriffen und Wettbewerb gehört dazu. Wenn bestimmter Content nicht mehr wirtschaftlich produziert werden kann, dann wird der Markt das regeln. Jedes Produkt, jede Dienstleistung, jede Idee, jede Meinung hat eine eigene Zielgruppe. Kann sich der Inhalt wirtschaftlich nicht durchsetzen, dann gibt es dafür konkrete Gründe.
Was wird beim möglichen Schock geschehen?
Wird die noch junge Ära Content-Marketing oder gar das Internet durch den Content Shock untergehen? Schaefer sieht drei mögliche Folgen.
1. Seiner Meinung nach werden sich die Unternehmen durchsetzen, die das meiste Geld zur Verfügung haben.
2. Die Hürden für einen erfolgreichen Markteintritt mit Inhalten werden noch einmal deutlich erhöht.
3. Die Kosten-Nutzen-Rechnung für qualitative Content-Erstellung wird nicht aufgehen.
Diese drei Folgen eines Content-Schocks sind plausibel und nachvollziehbar. Aber auch genau hier würde ich widersprechen. Denn ich sehe nicht, wie diese drei Aspekte lediglich durch den ominösen Schock auftreten sollen. Für mich sind dies die Punkte, die bereits gegenwärtig in vielen wirtschaftlichen Bereichen und Marktsegmenten exakt so gelten. Wenn große Unternehmen mit einem Budget Inhalte, Inhalte, Inhalte platzieren, dann müssen sich alle anderen eben ihren eigenen Weg suchen. Und wenn ich mit einer Idee einen Blog aufziehen möchte, den es in dieser Form bereits 750.000 mal gibt und im Top-Bereich von 20 Big Playern beackert wird, dann nenne ich das auch heute schon eine gewaltige Markteintrittshürde. Und Kosten-Nutzen-Rechnung ist seit jeher quasi die Mutter aller Content-Formate.
Daher halte ich es bezüglich des Content-Schocks mit der Redewendung „Nichts wird so heiß gegessen, wie es gekocht wird“. Content wird immer funktionieren, wenn die Rahmenbedingungen stimmen:
- Profunde Content-Strategie mit Analyse, Zielgruppenrecherche, Planung, Recherche, etc.
- Relevante Inhalte erstellen, die ansprechend und einzigartig sind
- Content-Seeding betreiben
Mit Blick auf die anregende Diskussion möchte ich Mark Schaefer zu seinem Blog-Post und dem darauf folgenden Content, Interviews und Key-Notes gratulieren. Content-Strategie at it´s best, oder?
Links:
Joe Pullizi über den Content Shock und kurze Statements zum Content-Schock aus Deutschland