Die Marketing-Abteilungen großer Unternehmen und selbst die Kanzlerin haben junge Internetstars für sich entdeckt. Das Stichwort heißt Influencer Marketing – glaubwürdige Produkt- oder eben auch Kanzlerinnenwerbung in beliebten Instagram- oder YouTube-Kanälen. Ein neues Urteil könnte diesem Instrument nun den Garaus machen.
New King of Content: Influencer Marketing
Klassische Werbeanzeigen? Schnee von gestern! Marketingprofis setzen zunehmend auf junge YouTube- und Instagram-Sternchen mit mehreren Millionen Followern. Denn nichts ist überzeugender als eine authentische Produktempfehlung von einem Influencer, der von den Konsumenten als Marken- und Branchenexperte angesehen wird und dementsprechend viel Vertrauen genießt. In den USA wird Influencer Marketing bereits als „The New King of Content“ gehandelt. Und auch hierzulande wurde das Potenzial der reichweitenstarken Meinungsmacher durchaus erkannt.
Als problematisch gilt in diesem Zusammenhang jedoch, dass die Grenzlinie zwischen Marketing und Schleichwerbung allzu oft überschritten wird. Dass die Unternehmen mit diesen Marketing-Aktivitäten keine karitativen Zwecke verfolgen, versteht sich von selbst. Aber auch die Influencer lassen sich die Produktempfehlungen gut bezahlen und verdienen je nach Bekanntheit und Community-Größe Beträge im fünf- bis sechsstelligen Bereich. Es handelt sich also um bezahlte Posts, die auch entsprechend gekennzeichnet werden sollten, urteilte kürzlich das Oberlandesgericht Celle (Az. 13 U 53/17): Die Drogeriekette Rossmann hatte zu Marketingzwecken auf einen Instagramer gesetzt und wird nun wegen Schleichwerbung zur Kasse gebeten. Für die Marketingbranche könnte dieses Urteil weitreichende Folgen haben.
Was bisher geschah…
Rossmann setzt wie zahlreiche Mitbewerber ebenfalls auf Influencer Marketing und bezahlt verschiedene Social-Media-Berühmtheiten dafür, dass sie die Angebote und Produkte der Drogeriemarktkette auf ihren jeweiligen Kanälen platzieren. So geschehen auch im verhandelten Fall: Ein 20-jähriger Instagram-Star mit einer Community aus 1,3 Millionen Followern hatte das Online-Angebot von Rossmann auf seinem Kanal beworben. Dass es sich bei diesem Post um bezahlte Werbung handelte, wurde (wie in der Branche üblich) mit dem Hashtag #ad gekennzeichnet. Allerdings tauchte dieser erst an zweiter Stelle von insgesamt sechs Tags unter dem Foto auf – für das Oberlandesgericht Celle ist eine solche Kennzeichnung nicht ausreichend.
Urteil zum Influencer Marketing: Werbliche Posts müssen klar gekennzeichnet sein
Als Kläger trat in diesem Fall der Verband Sozialer Wettbewerb auf. In den vergangenen Jahren hatte der Verband immer wieder mit Abmahnungen auf sich aufmerksam gemacht – und zuletzt auch vermehrt Influencer ins Visier genommen. Der Grund: fehlende Werbekennzeichnung. Und wer für etwas ohne klare Kennzeichnung wirbt, betreibt Schleichwerbung. Dieser Einschätzung folgten im Fall Rossmann auch die Richter des Oberlandesgerichts Celle. Werbliche Posts auf Instagram müssten klar als solche erkennbar sein. Sollte Rossmann künftig noch einmal auf Influencer Marketing setzen und die Werbeposts nicht ausreichend kenntlich machen, droht dem Unternehmen eine empfindliche Strafe von bis zu 250.000 Euro. Eine Anfechtung des Urteils ist nicht möglich.
Der König ist tot, lang lebe der König?
Mit dem Urteil zum Influencer Marketing wird der neue König des Contents in Deutschland sicher nicht dem Tode geweiht sein. Er muss sich jedoch klar zu erkennen geben – bezüglich der Umsetzung wird es daher mit Sicherheit einige weitreichende Veränderungen geben. Instagram selbst hatte kurz nach dem Urteil angekündigt, ein neues Kennzeichnungstool einzuführen. Aktuell testet die Plattform im Rahmen eines Pilotprojekts die Kennzeichnung von Werbeposts als „Branded Content“. Sofern sich dieses Modell bewährt, soll es flächendeckend eingeführt werden. Ob dieses Marketing-Instrument für Unternehmen dann immer noch so interessant ist, bleibt abzuwarten. Es ist jedoch davon auszugehen, dass durch dieses Urteil die Qualität der ausgewählten Influencer immer wichtiger wird. Denn nur wenn die Zielgruppe dem jeweiligen Meinungsmacher und dessen Expertise wirklich vertraut, wird sie sich auch für die als Werbung gekennzeichneten Inhalte interessieren.