Controlling ist entscheidend für den Erfolg einer Agentur – und nicht nur das: Agentur-Controlling ist ein Qualitätskriterium, das dem Kunden zugutekommt. Warum das so ist und welche Controlling-Kennzahlen von Agenturen für die Erfolgsmessung herangezogen werden sollten, erfahren Sie in diesem Beitrag!
Studien weisen dem Controlling im Mittelstand regelmäßig Defizite nach. So lautet das Ergebnis einer 2015 durchgeführten Studie von mod Finance & Accounting, es gebe einen Mangel an Vorausschau. Laut dem Deloitte Mittelstandsinstitut wird Controlling zu wenig für die Entwicklung von Frühwarnsystemen in mittelständischen Unternehmen eingesetzt. Doch woran liegt das? Häufig ist der Grund eine falsche Wahrnehmung der Position des Controllers. Dieser ist nicht ausschließlich dazu da, Zahlen zu kontrollieren. Vielmehr trägt das Controlling entscheidend dazu bei, die Wirtschaftlichkeit eines Unternehmens zu sichern – durch das Schaffen von Transparenz und einen ganzheitlichen Blick auf alle Unternehmensprozesse. Der Controller kann sowohl hinsichtlich der strategischen Ausrichtung des Unternehmens als auch im Bereich des Risikomanagements die Rolle eines Innovators einnehmen.
Warum erheben nicht alle Agenturen Controlling-Kennzahlen?
Es fällt gerade in gut ausgelasteten Agenturen leicht, das eigene Controlling zugunsten der operativen Arbeit zu vernachlässigen. Doch wenn der regelmäßige Blick auf das Firmenkonto das einzige Messinstrument ist, werden Probleme erst dann sichtbar, wenn es (fast) zu spät ist. Dann gibt es zwei mögliche Ausgänge: Entweder es gibt die Agentur nicht mehr oder das Unternehmen kommt mit einem blauen Auge davon und misst den Controlling-Kennzahlen zukünftig die Bedeutung zu, die ihnen zusteht.
Den IST-Zustand abbilden
Um geeignete Controlling-Kennzahlen für Ihr Unternehmen zu identifizieren, sollten Sie zunächst alle Geschäftsabläufe skizzieren und die dafür genutzten Ressourcen auflisten. Im nächsten Schritt gilt es, folgende Fragen zu beantworten:
- Welches Ziel wird mit der Messung verfolgt?
- Welche KPIs werden eventuell bereits gemessen? Sind diese aussagekräftig hinsichtlich der Gesundheit der Agentur?
- Welche Controlling-Kennzahlen werden noch nicht gemessen, hätten aber eine Aussagekraft über den wirtschaftlichen Zustand des Unternehmens?
- Kennen die Mitarbeiter die vorhandenen Controlling-Kennzahlen der Firma und arbeiten aktiv daran mit, diese zu verbessern?
Controlling-Kennzahlen, aber welche?
Eine hervorragende Zusammenstellung allgemeiner Agenturkennzahlen liefert der New Business Doc aka Andreas Wiehrdt in diesem Blogbeitrag aus dem Jahr 2016. Bei der Frage, welche Controlling-Kennzahlen ausgewertet werden sollten, geht es nicht darum, möglichst viel zu tracken. Es geht darum, die Parameter auszuwerten, die zur Abbildung des Unternehmenserfolgs geeignet sind. Sind diese identifiziert, kann nach Ermittlung des Ist-Zustandes die Zielmarke anvisiert und verfolgt werden.
Diese Controlling-Kennzahlen haben sich in unserer Praxis bewährt:
Laufende Kosten
- Variable Kosten: freie Mitarbeiter, Provisionen, Fremdleistungen etc.
- Fixe Kosten: festangestelltes Personal (Grundlohn), Miete, Energiekosten, Abschreibungen etc.
Kosten pro Stunde
Ob Büromiete, Strom oder Personalkosten, jede Stunde der Agentur kostet Geld. Aber wie viel Geld geben wir pro Stunde als Firma aus? Diese Zahl ist für uns wichtig, um einen Überblick zu erhalten. Sie ist jedoch auch entscheidend, weil wir als Agentur einen Stundensatz nach außen tragen, der realistisch berechnet sein sollte. Die Kosten pro Stunde setzen sich zusammen aus allen fixen und variablen Kosten für einen Monat (letzteres als Durchschnitt der letzten 6 Monate), geteilt durch die Anzahl an erbrachten Mitarbeiterstunden für einen Monat.
Zeiterfassung nach Kunden/Projekten
Diese Rechnung ist im Agenturalltag ganz einfach: Leisten wir mehr Stunden, als im KVA geplant, schrumpft unsere Marge bzw. der Deckungsbeitrag (s. unten). Das kommt gar nicht so selten vor, denn bei neuen Projekten ist die Aufwandschätzung schwierig. Oftmals hängt der Zeitaufwand davon ab, wie kommunikationsintensiv das Projekt ist, was im Vorhinein schwer einzuschätzen ist. Eine Zeiterfassung ist daher im Agenturalltag unerlässlich, um die Richtigkeit der Aufwandsschätzungen fortlaufend zu überprüfen. So wirtschaften wir nicht nur besser mit unserer Zeit, sondern lernen auch mit jeder Auswertung etwas dazu. Die Kalkulation im KVA wird immer präziser, was für uns und für die Kunden gut ist. Ist der Aufwand unterkalkuliert, bedeutet das ein Minus auf Seiten der Agentur. Ist der Aufwand überkalkuliert, sind wir für die Kunden zu teuer und nicht mehr konkurrenzfähig, was sich in der Folge negativ auf die Geschäftstätigkeit auswirkt.
Die Zeiterfassung kann durch unterschiedlichste Tools vorgenommen werden, die beispielsweise das Browser-Verhalten direkt monitoren (z. B. Chrometa) oder wie eine Stoppuhr funktionieren (z. B. Timelog). In unserer Unternehmenskultur hat sich jedoch (noch) kein Tool bewährt, da Controlling schnell zur Kontrolle wird. Daher nutzen wir bei textbest für die Zeiterfassung aller Projekte Excel-Listen, die durch jedes Teammitglied selbstständig gepflegt und durch ein Makro ausgewertet werden. Für welche Lösung Sie sich auch entscheiden, wichtig ist letztendlich die Akzeptanz im Team und eine möglichst unkomplizierte Integration in den Arbeitsalltag.
Deckungsbeitrag
Der Deckungsbeitrag ist eine der wichtigsten Zahlen überhaupt. Allerdings gibt es unzählige Möglichkeiten, diesen auszurechnen. Grundsätzlich sagt der Deckungsbeitrag aus, in welcher Höhe ein Projekt zur Deckung der restlichen Kosten des Unternehmens beiträgt. Dies kann nur ausgerechnet werden, wenn klar ist, wie viel Zeit ein Auftrag tatsächlich in Anspruch nimmt.
Um einen realistischen Deckungsbeitrag auszurechnen, wenden wir folgende Rechnung an:
Bezahlte Stunden x Stundensatz im KVA – erbrachte Stunden x Kosten pro Stunde = Deckungsbeitrag
Die Kennzahlen stehen – und nun?
Im Prinzip reichen diese vier Kennzahlen für unser Controlling. Daneben werten wir noch eine ganze Menge anderer Zahlen aus, die sich jedoch auf Marketing und Vertrieb beziehen. Dazu gehören etwa Leads und Conversion Rate. Doch was passiert nach der Auswertung der Zahlen? Daraus formulieren wir konkrete Ziele – quartalsweise und für das Jahr. An der Erreichung dieser Ziele sind wir als Mitarbeiter alle beteiligt und sie sind Teil unserer individuellen Zielvereinbarung. Im Geiste des New-Work-Konzepts ist es beinahe ausgeschlossen, das Personal nicht aktiv in Unternehmensentwicklungen einzubeziehen. Und das Ganze ist keineswegs ein starres Konstrukt, sondern im ständigen Wandel begriffen. So können sich Mitarbeiter einerseits als Teil eines großen Ganzen sehen und andererseits gewissermaßen auch als eigene Chefs: Jeder ist dazu angehalten, konstruktive Kritik zu äußern und Vorschläge zur Optimierung zu unterbreiten. Nicht nur die Geschäftsführung und das Unternehmen profitieren von einer stetigen Optimierung der Abläufe und dem Einsatz verschiedener KPIs, sondern alle Teammitglieder.
Fazit
Alle benötigten Daten schlummern bereits in jedem Unternehmen und müssen lediglich erfasst werden: Beziehen Sie Ihre Mitarbeiter in die Kennzahlen-Analyse mit ein und entwickeln Sie einen sinnvollen Maßnahmenplan. Achten Sie darauf, dass Sie nur Metriken verwenden, die Sie und Ihr Unternehmen auch voranbringen und werten Sie diese regelmäßig aus. Beziehen Sie Ihr Personal aber auch in die Auswertung ein, indem Sie transparent aufzeigen, welche Maßnahmen gut laufen und welche der Verbesserung bedürfen. Die Erfassung und Auswertung Ihrer Daten ermöglicht Veränderung! Haben Sie erst einmal die für Ihr Unternehmen geeigneten Kennzahlen aufgedeckt, lassen diese sich wunderbar an veränderte Umweltbedingungen anpassen, etwa bei Mitarbeiterwechsel, Zielgruppenerweiterung oder Unternehmenswachstum.