Ab dem 28. Juni 2025 sind Unternehmen gesetzlich dazu verpflichtet, ihre digitalen Angebote barrierefrei zu gestalten. Das neue Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) fordert, dass Websites und Online-Shops für alle Nutzer:innen zugänglich sein müssen. Wen das Gesetz konkret betrifft, welche Anforderungen an die Barrierefreiheit in Online-Shops umgesetzt werden müssen und wie du deinen Online-Shop barrierefrei optimierst, erklären wir dir ausführlich in diesem Magazinbeitrag.
Barrierefreiheitsstärkungsgesetz ab 2025:
Das Wichtigste in Kürze
- Definition: Das BFSG definiert Barrierefreiheit als die Nutzbarkeit von Produkten und Dienstleistungen ohne zusätzliche Hilfe oder Erschwernis für Menschen mit Behinderungen.
- Umsetzung in der Praxis: Das BFSG fordert unter anderem verständliche Informationen, angemessene Schriftgrößen, klare Kontraste und die Bereitstellung von Inhalten über das Zwei-Sinne-Prinzip, zum Beispiel sowohl Sehen als auch Hören.
- Forderung per Gesetz: Paragraf 1 Abs. 3 Nr. 5 BFSG verpflichtet Hersteller:innen und Dienstleister:innen dazu, ihre digitalen Angebote so zu gestalten, dass sie auch von Menschen mit Behinderungen problemlos und eigenständig genutzt werden können.
- In Bezug auf Online-Shops: Alle für Verbraucher:innen zugänglichen Inhalte müssen barrierefrei sein. Websites, die keine Verkaufs- oder Buchungsfunktionen anbieten, fallen nicht unter das BFSG.
- Ergänzung zum Gesetz: Zum BFSG gehört die „Verordnung zum Barrierefreiheitsstärkungsgesetz“ (BFSGV) vom 22. Juni 2022. Sie legt für die vom Gesetz betroffenen Produkte und Dienstleistungen konkrete Anforderungen an die Barrierefreiheit fest.
Gut zu wissen: Kleinstunternehmen, die weniger als 10 Personen beschäftigen und einen Jahresumsatz oder eine Jahresbilanzsumme von höchstens 2 Millionen Euro haben, sind von den Regelungen des BFSG ausgenommen.
Barrierefreie Optimierung: Vorteile auch für Betreibende von Online-Shops
Eine barrierefreie Gestaltung des Online-Shops ermöglicht es Unternehmen, ihre Zielgruppe erheblich zu erweitern. Indem du deine Inhalte auch für Menschen mit Behinderungen zugänglich machst, erreichst du Millionen potenzieller Kund:innen, die ansonsten oft ausgeschlossen werden.
In Deutschland gibt es laut Universität Würzburg 3,5 Millionen Menschen mit einer Lese-Rechtschreibstörung (LRS), 558.725 Sehbehinderte und Blinde sowie 302.510 Schwerhörige und Gehörlose. Durch die Implementierung leichter Sprache, gut lesbarer Schriftarten oder audiovisueller Hilfsmittel können diese Menschen problemlos auf Online-Angebote zugreifen.
Des Weiteren trägt Barrierefreiheit zu einer verbesserten Benutzer:innenfreundlichkeit bei, was sich positiv auf das Google-Ranking und die Conversion-Rate auswirkt. Websites und Online-Shops, die barrierefrei und übersichtlich aufbereitet sind, bieten ein besseres Nutzungserlebnis für alle und erhöhen damit die Wahrscheinlichkeit, dass Besucher:innen zu Kund:innen werden.
Zusätzlich wirkt sich Barrierefreiheit im Shop positiv auf das Markenimage aus: Unternehmen, die echte Inklusion leben, werden als sozial verantwortungsbewusst wahrgenommen. Das stärkt das Vertrauen und die Loyalität der Kund:innen. So profitieren Unternehmen langfristig sowohl rechtlich als auch wirtschaftlich von der Optimierung ihrer Angebote.
BFSG: Spezielle Anforderungen an die Barrierefreiheit in Online-Shops
Die Anforderungen an die Barrierefreiheit für Online-Shops ergeben sich aus Paragraf 19 BFSGV. Shop-Betreibende müssen Informationen zur Barrierefreiheit ihrer Produkte oder Dienstleistungen bereitstellen, sofern diese von den jeweiligen Hersteller:innen oder Dienstleister:innen zur Verfügung gestellt werden. Diese Informationen müssen gemäß Paragraf 12 BFSGV ebenfalls barrierefrei dargestellt werden.
Wesentliche Punkte sind dabei:
Darüber hinaus müssen Identifizierungs-, Authentifizierungs- und Zahlungsfunktionen so bereitgestellt werden, dass sie wahrnehmbar, bedienbar und verständlich sind.
Online-Shop barrierefrei gestalten: 7 grundlegende Tipps
Wie Online-Shops die Anforderungen des BFSG genau umzusetzen haben, muss in den offiziellen Leitlinien bis zum Inkrafttreten des Gesetzes noch konkretisiert werden. Wir geben dir hier jedoch schon einmal 7 grundlegende, vorab umsetzbare Tipps für mehr Barrierefreiheit im Online-Shop an die Hand.
#1 Strukturierte und klare Navigation festlegen
Eine gut strukturierte und leicht zugängliche Navigation ist das Rückgrat jeder Website. Insbesondere Menschen mit Sehbehinderungen oder kognitiven Einschränkungen sind auf eine einfache und klare Menüführung angewiesen. Eine intuitive Navigation ist jedoch nicht nur für barrierefreie Nutzung von Vorteil. Auch ältere Menschen oder solche, die wenig technisches Know-how haben, profitieren davon.
Stelle sicher, dass dein Online-Shop eine klare Menüstruktur und aussagekräftige Links bietet. Baue Menüs logisch auf und achte darauf, dass diese leicht verständlich sind. Nutze eine sogenannte „Breadcrumb“-Navigation, die deinen Nutzer:innen zu jeder Zeit anzeigt, wo sie sich gerade im Shop befinden. Tastaturnutzer:innen müssen ebenso jede Funktion erreichen und jedes Produkt bestellen können.
#2 Alternativtexte für Bilder und Grafiken erstellen
Bilder und visuelle Elemente sind ein wesentlicher Bestandteil fast jeder Online-Shop-Erfahrung. Doch was, wenn dein:e Kund:in diese Bilder nicht sehen kann? Menschen mit Sehbehinderungen oder blinde Menschen sind auf Screenreader angewiesen, die ihnen die Inhalte vorlesen. Damit diese die Informationen der Bilder verstehen können, müssen alle visuellen Elemente mit Alternativtexten, also einem Alt-Tag, versehen werden.
Achte darauf, dass die Alt-Tags präzise beschreibend sind. Sie sollten die Essenz des Bildes erfassen, sodass Nutzende eine Vorstellung davon bekommen, was auf dem Bild zu sehen ist. Dies ist besonders wichtig bei Produktbildern, da diese oft der Schlüssel für die Kaufentscheidung sind.
#3 Kontraste und Schriftgrößen optimieren
Ein weiteres zentrales Element der Barrierefreiheit ist die Lesbarkeit von Texten. Für Menschen mit Sehschwächen oder Farbenblindheit sind starke Kontraste zwischen Text und Hintergrund von entscheidender Bedeutung. Der Kontrast sorgt dafür, dass jede:r Nutzer:in den Inhalt problemlos erkennen kann.
Die Schriftgröße spielt ebenfalls eine große Rolle. Vermeide zu kleine Schriftgrößen und setze auf flexible Textgrößen, die sich den Bedürfnissen der Nutzer:innen anpassen. Ermögliche es deinen Kund:innen, die Schriftgröße manuell zu vergrößern oder zu verkleinern für ein individuell optimales Leseerlebnis. Große Schriften und gut abgestimmte Farben verbessern nicht nur die Barrierefreiheit, sondern auch die allgemeine Benutzer:innenfreundlichkeit deines Shops.
#4 Screenreader-Unterstützung einbinden
Für sehbehinderte oder blinde Menschen sind Screenreader ein essenzielles Hilfsmittel, um im Internet zu navigieren und Online-Shops zu nutzen. Screenreader lesen die Inhalte einer Website vor und ermöglichen es Nutzer:innen, diese durch Tastaturbefehle zu steuern. Damit ein Online-Shop für Screenreader optimiert ist, müssen die Inhalte klar strukturiert und mit geeigneten Alternativtexten für Bilder versehen sein. Produktbeschreibungen, Menüs und Buttons müssen logisch und nachvollziehbar benannt sein, damit Screenreader die Informationen korrekt interpretieren können. Zudem müssen Formulare so bearbeitet und Kaufprozesse so durchlaufen werden können, dass sie ohne Maus bedienbar sind.
#5 Formulare barrierefrei gestalten
Ob bei der Registrierung, dem Check-out-Prozess oder der Kontaktaufnahme – Formulare sind ein integraler Bestandteil von Online-Shops. Gerade für Menschen mit motorischen oder kognitiven Einschränkungen können herausfordernd gestaltete Formulare eine erhebliche Hürde darstellen. Um diese Barriere zu umgehen, ist ein klarer und logischer Aufbau der Formulare von Vorteil.
Nutze deutliche Beschriftungen, also Labels, für jede Eingabeaufforderung und stelle sicher, dass diese korrekt mit den Formularfeldern verknüpft sind. Achte darauf, dass Fehlerhinweise nicht nur als Text erscheinen, sondern auch akustisch oder visuell so gestaltet sind, dass sie von allen Nutzer:innen verstanden werden. Hilfreich ist es auch, wenn Fehler direkt und sofort angezeigt werden, statt erst beim nächsten Schritt hin zum Absenden des Formulars.
#6 Videos und Multimediainhalte zugänglich machen
Videos sind ein beliebtes Mittel, um Produkte zu präsentieren und Marken erlebbar zu machen. Damit auch Menschen mit Behinderungen von diesen Inhalten profitieren können, sind integrierte Untertitel und Audiodeskriptionen ein Muss. Untertitel helfen hörbeeinträchtigten Kund:innen, den gesprochenen Inhalt zu verstehen. Audiodeskriptionen wiederum ermöglichen es sehbehinderten Nutzer:innen, wichtige visuelle Informationen des Videos zu erfassen.
Gewährleiste außerdem, dass Multimediainhalte per Tastatur gesteuert werden können. Dies erhöht die Zugänglichkeit für Menschen mit motorischen Einschränkungen und bietet gleichzeitig ein flexibleres Nutzungserlebnis.
#7 Mobile Barrierefreiheit nicht vergessen
Viele Kund:innen greifen vorzugsweise über mobile Endgeräte auf Online-Shops zu. Auch hier ist Barrierefreiheit von entscheidender Bedeutung. Eine mobil optimierte Website soll dieselben barrierefreien Standards erfüllen wie die Desktop-Version. Achte darauf, dass alle Funktionen auch auf kleinen Bildschirmen leicht zugänglich sind. Buttons müssen groß genug sein, um sie präzise anzuklicken, und die Textgröße muss auch auf mobilen Geräten gut lesbar sein.
Zudem ist es wichtig, dass mobile Nutzer:innen die Option haben, per Tastatur oder Spracheingabe zu navigieren. So gewährleistest du eine barrierefreie mobile Nutzer:innenerfahrung.
Fazit: Barrierefreiheit als Erfolgsfaktor im E-Commerce
Barrierefreiheit im E-Commerce ist nicht nur eine Frage der rechtlichen Erfüllung, sondern eine Investition in die Zukunft deines Unternehmens. Sie verbessert die allgemeine Benutzer:innenfreundlichkeit und eröffnet obendrein neue Märkte und Zielgruppen. Ein barrierefreier Online-Shop stärkt das Vertrauen der Kund:innen, steigert die Zufriedenheit und schafft ein inklusives Einkaufserlebnis für alle.
Wir von textbest unterstützen dich auf deinem Weg zur barrierefreien Website. Erfahre hier mehr zur digitalen Barrierefreiheit und unserem Angebot.